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Unzulässigkeit von E-Mail Spam - LG Dortmund, Urteil vom 30.08.05, Az.: 19 O 20/05

Leitsätzliches

Neben dem Unternehmen selbst können auch die Geschäftsführer wegen wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch genommen werden. Eine an sich unzulässige Werbung kann auch nicht dadurch zulässig werden, dass dem Empfänger nahegelegt wird, entsprechende Filterprogramme einzurichten.

LANDGERICHT DORTMUND

URTEIL

Aktenzeichen: 19 O 20/05

Entscheidung vom: 30. August 2005

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat das Landgericht Dortmund durch ... auf die mündliche Verhandlung vom ... für Recht erkannt:

 

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch aufgrund dieser Anordnung höchstens zwei Jahre, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Werbung durch elektronische Post zu versenden, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten hierzu vorliegt.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €.

Dem Kläger wird gestattet, diese Sicherheit durch unwiderrufliche, unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Tatbestand:

Der Kläger macht in seiner Funktion als Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Unterlassungsansprüche wegen wettbewerbswidriger Handlungen gegenüber den Beklagten geltend. Dem Kläger gehören zahlreiche Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern an.

Die Beklagte zu 1) betreibt u. a. den Handel mit Elektrowerkzeugen, Arbeitsschutzmitteln und Handwerkzeugen.

Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1), dem die Geschäfts- und Werbepraktiken der Beklagten als solchem bekannt sind.

Unter dem 21. und 22.04.2005 versandte die Beklagte zu 1) an die Firma L in der C -straße in S an deren E-Mail-Adresse "......... Werbung. Bezüglich des Inhalts der Werbung wird auf den zur Akte gereichten E-Mail-Ausdruck vom 22.04.2005, Blatt 17 ff. der Akten, verwiesen.

Ferner übersandte die Beklagte zu 1) der Firma T per E-Mail Werbungen unter dem 14.04., 18.04., 22.04., 28.04., 29.04. und 02.05.2005. Wegen der zugesandten Mails wird auf den Ausdruck des E-Mail-Account der Firma T, Blatt 31 f. der Akten, verwiesen. Wegen des Inhalts der übersandten Mails wird auf die ausgedruckten Mails, Blatt 33 ff. der Akten, verwiesen. Unter dem 20. und 22.04. sandte die Firma T die an sie gesandten E-Mail-Werbungen zurück und forderte die Beklagte zu 1) zur Unterlassung weiterer unerbetener E-Mail-Werbungen auf.

Wegen des Inhalts dieser Mails wird auf den Ausdruck, Blatt 37 und 38 der Akten, verwiesen.

Mit eidesstattlicher Versicherung vom 12.05.2005 bestätigte die Inhaberin der Firma T, Frau T2, dass sie immer wieder unaufgeforderte E-Mails von der Beklagten zu 1) zugesandt bekommen habe, obwohl dies per E-Mail und telefonisch untersagt worden sei. Wegen des Inhalts der eidesstattlichen Versicherung wird auf die zu den Akten gereichte Kopie, Blatt 39 der Akten, verwiesen.

Darüber hinaus trägt der Kläger die Zusendung von Werbe-E-Mails seit Mai 2005 an die Firma T3, Inhaberin E, mit Schriftsatz vom 21.08.2005 vor und überreicht zur Glaubhaftmachung die eidesstattliche Versicherung der E vom 20.06.2005. Wegen des Inhalts der eidesstattlichen Versicherung wird auf die Anlage A 10 zum Schriftsatz vom 23.08.2005, wegen des Inhalts der der Firma T3 zugesandten Mails seitens der Beklagten zu 1) auf die Anlage A 11 des Schriftsatzes vom 23.08.2005 verweisen.

Zur Glaubhaftmachung der E-Mail-Werbung gegenüber der Firma L GmbH überreichte der Kläger die eidesstattliche Versicherung des Herrn P. Wegen des Inhalts wird auf die eidesstattliche Versicherung in Kopie, Blatt 5 der Akten, verwiesen.

Unter dem 23.05.2005 hat die Kammer durch die Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung bereits eine einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen und angeordnet:

"Den Antragsgegnern wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch auf Grund dieser Verfügung höchstens 2 Jahre, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Werbung durch elektronische Post zu versenden, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten hierzu vorliegt.

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.000,00 € festgesetzt."

Gegen diese einstweilige Verfügung haben die Beklagten Widerspruch eingelegt und beantragt, dem Kläger eine Frist zur Klageerhebung in der Hauptsache zu setzen. Mit Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 02.06.2005 ist dem Kläger eine Frist von 4 Wochen nach Zustellung des Beschlusses gesetzt worden, beim Gericht der Hauptsache Klage zu erheben. Dieser Beschluss ist dem Kläger unter dem 09.06.2005 zugestellt worden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch aufgrund dieser Anordnung höchstens zwei Jahre, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Werbung durch elektronische Post zu versenden, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten hierzu vorliegt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten wenden ein, ein Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 3 UWG liege nicht vor, da etwaige Zusendungen unerwünschter E-Mails jedenfalls nicht die Erheblichkeitsgrenze des § 3 UWG überschreiten würden. Es sei zwar richtig, dass teilweise auch E-Mail-Werbung an Nichtkunden versandt werde. Es könne auch sein, dass noch Werbungen versandt würden, obwohl schon einmal ein Widerspruch erfolgt sei. Dies liege dann aber an einem hausinternen Versehen der Beklagten zu 1). Jedenfalls seien ihre E-Mails so ausgerichtet, dass schon im Absender und in der Betreffzeile zu erkennen sei, dass es sich um Werbung handele, so dass sie vom Empfänger problemlos ohne gelesen zu werden, aussortiert werden könnten. Im Übrigen sei am Ende der Mails jeweils die Möglichkeit für den Empfänger vorgesehen, die Zeile "Ich möchte keine weiteren S/V/H Newsletter" anzuklicken - wie unstreitig ist - , womit sichergestellt sei, dass der Empfänger keine weiteren Mails mehr erhalte.

Im Übrigen sind die Beklagten der Ansicht, dass das gegen die unerwünschte E-Mail Werbung ins Feld geführte Argument der Überflutung des elektronischen Briefkastens nicht überzeuge, da es inzwischen einfache und kostenlose Filterprogramme auf dem Markt gebe.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Unterlassung. Als Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist er gemäß § 8 Abs. 3 Zif. 2 UWG antragsbefugt.

Als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) haftet auch der Beklagte zu 2), da er die gerügten Wettbewerbsverstöße in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangen hat, da er nämlich als Geschäftsführer im Rahmen seiner Organisationspflicht für die wettbewerbsgemäße Werbung der Beklagten zu 1) zu sorgen hat und jedenfalls bei Kenntnis von Verstößen, die hier gegeben ist, diese zu unterbinden hat.

Es liegt auch ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne von §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG vor. Nach der Systematik der §§ 3 und 7 UWG liegt ein Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 3 UWG schon bei der Versendung elektronischer Post vor, soweit kein Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG gegeben ist oder eine Einwilligung der Adressaten vorliegt, was vorliegend unstreitig nicht der Fall ist. Danach kommt es bei Zusendungen von Werbung per elektronischer Post ohne Einwilligung des Adressaten nicht auf eine Abwägung für die Frage der Unzumutbarkeit dieser Werbung bzw. der Unerheblichkeit des Wettbewerbsverstoßes an.

Da in den gerügten Fällen eine Einwilligung der Adressaten unzweifelhaft nicht vorlag und auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG nicht gegeben waren, da vor Zusendung der in Rede stehenden E-Mail-Werbungen keine Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten zu 1) und den Empfängern der Werbung bestand, hat der Kläger Anspruch auf Unterlassung dieser Werbung für die Zukunft gemäß § 8 UWG.

Die in Rede stehenden Werbungen überschreiten auch die Erheblichkeitsgrenze des § 3 UWG, soweit man es im Rahmen des § 7 UWG überhaupt darauf ankommen lassen will.

In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht auf die Möglichkeit der E-Mail-Empfänger an, unerbetene Werbung entweder gar nicht zu öffnen, wenn schon aus dem Betreff zu erkennen ist, dass es sich um Werbung handelt oder gar Filterprogramme einzubauen. Mit der strengen Regelung in § 7 UWG soll eine Überflutung der Empfänger mit elektronischer Post bzw. Werbepost vermieden werden. Selbst das aussortieren von unerbetener Werbung anhand der entsprechenden Betreffzeilen ist mit erheblichem Aufwand und Mühe verbunden, insbesondere wenn mehrere solcher E-Mails auszusortieren sind. Auch der Verweis auf entsprechende Filterprogramme führt nicht zu einer Zulässigkeit der in Rede stehenden Werbemaßnahmen. An sich unzulässige Werbung kann nicht dadurch zulässig werden, dass dem Empfänger nahegelegt wird, entsprechende Filterprogramme einzurichten, zumal diese nicht immer 100 %ig sicher sein müssen und ggf. auch wichtige E-Mails herausfiltern (vgl. zur Unzulässigkeit von E-Mail-Werbungen BGH in GRUR 2004, 517 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Unterschriften