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Ausfiltern von E-Mails strafbar!?

Ausfiltern von E-Mails strafbar

von Rechtsanwältin Ute Rossenhövel

 

Müssen sich Arbeitgeber und Mailserver-Dienstleister wie Provider nun auch gegen die Staatsanwaltschaft schützen? Wie muss nun bezüglich E-Mail-Accounts von Ex-Mitarbeitern und Ex-Kunden vorgegangen werden?

Update: Beschluss jetzt hier online

 

Das Post- und Fernmeldegeheimnis (§ 206 StGB) ist ein vielfach zitiertes Recht, wenn es um die Auseinandersetzung zwischen Mitarbeitern und Arbeitgebern um die Nutzung der E-Mail-Accounts zu privaten Zwecken handelt. Das Postgeheimnis gilt aber nicht nur im Arbeitsverhältnis, sondern ist in erster Linie von Unternehmen zu wahren, die geschäftsmäßig Post- und Telekommunikationsdienste erbringen. Wer im Hinblick auf E-Mails unter diese Definition eines "geschäftsmäßig" handelnden Unternehmens fällt, hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe nun, soweit bekannt, als erstes Oberlandesgericht zu entscheiden. Der Beschluss ist für alle Unternehmen und Einrichtungen, die Mail-Server betreiben, von großer Bedeutung.

Anzeige erstattet hatte ein ehemaliger Mitarbeiter der Universität, der auch noch nach seinem Ausscheiden den Hochschulserver für den Mail-Verkehr genutzt hatte. Über diesen Mailserver erhielt er auch private Nachrichten, die er jeweils auf seinen Privatrechner in der üblichen Art und Weise lesen konnte. Damit, so meint das Oberlandesgericht Karlsruhe, habe sich die Universität wie ein geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringendes Unternehmen verhalten. Ihre Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft sei in diesem Zusammenhang nicht erheblich. Wie viele Universitäten stellt auch diese ihr Rechenzentrum und ihre Mailserver nicht nur Mitarbeitern und Studenten überwiegend kostenlos zur Verfügung, sondern auch aussenstehenden Dritten wie etwa Vereinen.

Die Hochschule hatte dem Ex-Mitarbeiter die Nutzung des Mailservers längere Zeit nach seinem Ausscheiden untersagt. Anschließend filterte das Rechenzentrum automatisch sämtliche E-Mails aus, die von seinem Account oder an seinen Account gesendet wurden.
Der Ex-Mitarbeiter wollte das nicht hinnehmen. Ob er auch auf zivilrechtlichem Weg gegen die Uni vorgegangen ist, ist unbekannt. Soweit das Untersagen als wirksame Kündigung eines Nutzungsvertrags anzusehen ist, dürfte er auf diesem Weg weniger Erfolg haben.

Die Richter des 1. Strafsenats befanden jedoch aufgrund des geschäftsmäßigen Verhaltens der Uni, dass das vom Staatsanwalt zunächst abgelehnte Ermittlungsverfahren durchgeführt werden müsse. Ob also tatsächlich eine Verurteilung wegen des Unterdrückens von E-Mails gemäß § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfolgen wird, ist noch offen. Geklärt werden muss insbesondere, ob das Ausfiltern tatsächlich unbefugt erfolgte, oder ob die Universität etwa zum Schutz vor "Schädlingen" sämtliche E-Mails des bzw. an den Anzeigeerstatter ausfiltern durfte.

Der Beschluss hat bereits heute Auswirkungen. Nach Ansicht des OLG Karlsruhe haben sämtliche Personen und Einrichtungen das Fernmeldegeheimnis zu wahren, die die Übermittlung nicht ausschließlich hoheitlich oder rein privat erfüllen. Die sonst zur Kennzeichnung des "Geschäftsmäßigen" dienende Gewinnerzielungsabsicht ist für § 206 StGB unbeachtlich. Auch wer keine Gewinn erzielen möchte, aber wie ein mit Gewinnabsicht handelndes Unternehmen Leistungen bereithält, ohne zu rein privaten oder hoheitlichen Zwecken handelt, sollte daher jetzt seine jeweiligen Nutzungsordnungen prüfen. Denn zum Beispiel eine wirksame Einwilligung des Account-Inhabers könnte im Streitfall nicht nur zivilrechtlich helfen, sondern auch den Staatsanwalt stoppen.