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VG Aachen, Beschluss vom 12. November 2004, AZ: 3 L 17/04 - Privates Interesse überwiegt bei Vermittlung von Sportwetten vor öffentlichem Interesse an sofortiger Vollziehung

Leitsätzliches

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 22. Dezember 2003 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11. Dezember 2003 wird wiederhergestellt bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung angeordnet.

Das private Interesse des Betroffenen an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Ein gewichtiger Gefahrentatbestand kann nicht festgestellt werden, da das Gericht erhebliche Bedenken bezüglich der in Nordrhein-Westfalen bestehende "staatliche Sportwettenmonopol" hat.

 

VERWALTUNGSGERICHTS AACHEN

BESCHLUSS

 

Aktenzeichen: 3 L 17/04

Entscheidung vom 12. November 2004


In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
 
wegen  Untersagung der Vermittlung von Sportwetten;

hat der 3. Kammer durch den Vorsitzenden Richter...

beschlossen:

 

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 22. Dezember 2003 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11. Dezember 2003 wird wiederhergestellt bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung angeordnet.

2.  Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11. Dezember 2003 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,

ist zulässig und begründet.

Im Falle der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherstellen bzw. anordnen, wenn das private Interesse des Betroffenen an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt.Das ist der Fall, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides nicht bestehen kann, oder wenn das private Interesse - wie hier - aus sonstigen Gründen überwiegt.

Die angefochtene Ordnungsverfügung, die dem Antragsteller untersagt, Sportwetten anzunehmen bzw. zu vermitteln, die durch in Nordrhein-Westfalen nicht zugelassene Sportwettunternehmen veranstaltet werden, und ihn unter Zwangsgeldandrohung auffordert, diese Tätigkeit zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung einzustellen, ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Vielmehr geht die Kammer bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage von der Rechtmäßigkeit der Verfügung aus.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die beanstandete Annahme und Vermittlung privater Sportwetten zu festen Gewinnquoten (Oddset) nach § 14 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NRW) oder nach § 15 Abs. 2 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) zu untersagen ist. Der Antragsteller verfügt jedenfalls nicht über die für ihre Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen erforderliche Erlaubnis und dürfte damit (ggfls. durch Beihilfe) den objektiven Tatbestand der in § 284 des Strafgesetzbuches (StGB) bestimmten Strafnorm über die unerlaubte Veranstaltung von Glücksspielen erfüllen.

Zu dieser rechtlichen Einschätzung gelangt die Kammer auf der Grundlage des am 1. Juli 2004 auch für Nordrhein- Westfalen in Kraft getretenen Lotteriestaatsvertrags (LoStV) und der obergerichtlichen sowie höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach

1. die Durchführung von Oddset-Sportwetten als Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB anzusehen ist, vgl. zum Glücksspielbegriff §§ 2,3 LoStV sowie die herrschende Meinung in der Judikatur: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28. März 2001 - 6 C 2.01 - Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 114, 92 = Neue juristische Wochenschrift (NJW) 2001, 2648; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Mai 2004 - 4 B 858/03 - und vom 30. September 2004 - 4 B 1961/04 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (Bay VGH), Urteil vom 30. August 2002 - 22 B 00.1833 - Gewerbearchiv (GewArch) 2001, 75; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. Januar 2002 - 1 M 2/02 - GewArch 2002, 199; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 2 A 10034/90 - GewArch 1991, 99; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 4. März 2003 - 11 ME 420/02 - GewArch 2003, 247; VGH Baden- Württemberg, Beschluss vom 20. Juni 2003 - 14 S 2649/02 - GewArch 2004, 161; Bayerisches Oberlandesgericht (BayObLG), Beschluss vom 26. November 2003 - 5 St RR 289/03 - NJW 2004, 1057; anderer Ansicht sind einige - vereinzelt gebliebene - Strafurteile der Instanzgerichte: Landgericht (LG), Bochum, Urteil vom 26. Februar 2002 - 22 KLs 10 Js 121/01/49/01 - NStZ-RR 2002, 170; Amtsgericht (AG) Karlsruhe-Durlach, Urteil vom 13. Juli 2000 - 1 Ds 26 Js 31893/98 - NStZ 2001, 254; sowie Heine, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (wistra) 2003, 1, mit dem Hinweis, dass bei Sportwetten ein Zufallsergebnis nicht immer im Vordergrund stehe, etwa bei einer Fußballspielpaarung FC Bayern München gegen "FC Stammtisch Kreuzberg",

2. die der Sportwetten GmbH H. kurz vor der Wiedervereinigung und damit noch nach dem Gewerbegesetz der ehemaligen DDR erteilte Erlaubnis vom 14. September 1990 zur Veranstaltung von Sportwetten ihrem räumlichen Geltungsbereich nach nicht im Land Nordrhein-Westfalen gilt,
vgl. nunmehr § 5 Abs. 3 LoStV sowie zuvor schon die Entscheidung des höchsten Verwaltungsgerichts im Land Nordrhein-Westfalen: OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, Juris,

3. verfassungsrechtliche Bedenken aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) allein das Fernhalten privater Veranstalter vom Verwaltungsgericht Aachen, 3 L 17/04 10.12.2004 Glücksspiel- bzw. Sportwettenmarkt betreffen, nicht aber das Erfordernis der Einholung einer Erlaubnis vor Aufnahme der Veranstalter- bzw. Vermittlertätigkeit (Erlaubnisvorbehalt),
vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH), Beschluss vom 27. Oktober 2004, - 11 TG 2096 -, Juris,

4. Vorgaben des EG-Vertrags aus Art. 43 und 49 (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) - falls anwendbar - das völlige Fernhalten privater Veranstalter vom Sportwettenmarkt als besonders rechtfertigungsbedürftig erscheinen lassen, nicht aber die nationale Regelung eines Erlaubnisvorbehalts,
vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 6. November 2003 - C 243/01 - ("Gambelli"), wonach die Gemeinschaftsrechtsordnung das Bedürfnis der Mitgliedstaaten anerkennt, die Veranstaltung von Wetten und Glücksspielen zu beschränken oder sogar zu verbieten.

Allerdings trägt die danach anzunehmende Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung allein nicht die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung. Vielmehr setzt § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse daran voraus, einen belastenden Verwaltungsakt bereits vor Abschluss des Rechtsschutzverfahrens in der Hauptsache umzusetzen.

Die hinter dieser Bewertung stehende Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG muss nur insoweit zurücktreten, als es um die Abwendung schwerwiegender konkreter Gefahren geht. Ein derart gewichtiger Gefahrentatbestand, der es rechtfertigen könnte, eine Maßnahme sofort zu vollziehen, die mit weitgehenden, nicht oder nur schwer rückgängig zu machenden Schäden für den Ordnungspflichtigen verbunden ist, kann hier zur Zeit noch nicht darin erblickt werden, dass der anzunehmende Verstoß des Antragstellers gegen die Erlaubnispflicht strafrechtlich bewehrt ist. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, welche der Antragsteller als privater Sportwettenvermittler unter Hinweis auf ein Konvolut von Rechtsgutachten, Fachartikeln und gerichtlichen Entscheidungen unter anderem gegen das in Nordrhein-Westfalen bestehende "staatliche Sportwettenmonopol" vorbringt, sind nämlich nach Einschätzung der Kammer nicht von der Hand zu weisen. Sie werfen eine Vielzahl schwieriger Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art auf, die zwar für die Rechtmäßigkeit der hier angefochtenen Untersagung nicht entscheidungserheblich, wohl aber in einem noch anzustrengenden behördlichen bzw. gerichtlichen Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung privater Oddset-Sportwetten zu klären sind.

So ist es nach Auffassung der Kammer keineswegs ausgeschlossen, dass der Antragsteller unmittelbar aus Art. 12 GG ein Anspruch auf Erlaubnis der hier untersagten Tätigkeit als private Sportwettenvermittlerin erwachsen könnte. Dieses Grundrecht verleiht ihm ein Abwehrrecht gegenüber unverhältnismäßigen Eingriffen des Gesetzgebers in die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe wie dasjenige der Vermittlung von Sportwetten, zu betreiben. Anhaltspunkte dafür, dass die strikte Fernhaltung privater Veranstalter und Vermittler vom Sportwettenmarkt gemäß § 1 Sportwettengesetz NRW bzw. § 5 Abs. 1 und 2 des Lotteriestaatsvertrags zwischenzeitlich zu einem solchem Abwehrrecht des Antragstellers geführt haben könnte, entnimmt die Kammer den einschlägigen verfassungsrechtlichen Pflichten des Fachgesetzgebers, deren Erfüllung das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2001 für die Zukunft angemahnt hat:
"Allerdings wird der Gesetzgeber nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, in der weitere Erfahrungen mit Oddset- Wetten, auch hinsichtlich ihrer privaten Veranstaltung im Ausland, gewonnen werden können und müssen, zu überprüfen haben, ob seine Einschätzung über das Erfordernis der Fernhaltung privater Veranstalter und Vermittler von derartigen Glücksspielen noch durch sachgerechte Erwägungen, die namentlich auch die Grundrechtsposition potentieller privater Interessenten einbeziehen, gerechtfertigt werden kann. Zudem wird der kritischen Überprüfung durch den Gesetzgeber bedürfen, ob die Veranstaltung von Sportwetten in staatlicher Monopolregie wirklich geeignet ist, die mit der Veranstaltung von Glücksspielen verbundenen Gefahren einzudämmen. Davon wird bei mit aggressiver Werbung einhergehender extremer Ausweitung des Spielangebots keine Rede mehr sein können. Namentlich wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass die in § 284 StGB vorausgesetzte Unerwünschtheit des Glücksspiels nicht in unauflösbaren Widerspruch gerät zum staatlichen Veranstalterverhalten."

Im noch anzustrengenden Erlaubnisverfahren könnte sich erweisen, dass die beschriebene Situation den Einschätzungs- und Bewertungsspielraum des Fachgesetzgebers inzwischen derart verengt hat, dass anders als noch im Jahr 2001 eine Lockerung des staatlichen Sportwettenmonopols zur Wahrung der Berufsfreiheit privater Wettanbieter verfassungsrechtlich erforderlich geworden ist.

Angesichts des umfangreichen Spielangebots der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co.OHG (Westdeutsche Lotterie) und der begleitenden Werbemaßnahmen, wie sie täglich im Fernsehen, Rundfunk, Internet und Presse für die Kammer wahrzunehmen sind, dürfte sich der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen nicht ohne Weiteres darauf berufen können, ihm gehe es mit dem Ausschluss privater Wettanbieter darum, das Glücksspiel einzudämmen.

Gerade mit Blick auf die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland präsentiert sich die Werbung für staatliche oder staatlich gebundene Wettanbieter derart aggressiv und umfangreich, dass sich z. B. bei Sportsendungen im Fernsehen auch ein mit der Fernbedienung geübter Zuschauer ihr kaum noch entziehen kann. Ferner hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat mit der Antragsschrift und mit Schriftsatz vom 17. September 2004 in eindrucksvoller Weise dargelegt, wie intensiv auch die Westdeutsche Lotterie auf kleinen und großen Fußballplätzen und bei anderen Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen auf Plakaten, mit Luftschiffen, mit Pokalpreisen sowie mit Partnerschaften von Bundesligamannschaften Werbung betreibt. Pokale werden als Fairness-Preise von Oddset bei Fußballturnieren gestiftet. Anschließend wird dann wirkungsvoll in der örtlichen Lokalpresse darüber berichtet. Werbesprüche wie

"Ob Fußball, Bundesliga, Formel 1 oder Wimbledon: Interesse und Begeisterung der Deutschen am Sportgeschehen boomen wie nie zuvor. Kein Wunder, führt man sich das Medienecho dieser Sport-Highlights vor Augen: Millionen verfolgen die tägliche Berichterstattung im Fernsehen, Rundfunk und Presse und drücken ihren Lieblingsvereinen und - Sportlern die Daumen. Das ist die Welt von Oddset" und

"Marktforschungsuntersuchungen haben ergeben: Oddset erobert die Herzen der Sportfans und erschließt ein riesiges Marktpotenzial! Oddset trifft den Nerv einer jungen Zielgruppe: Der erwartete Teilnehmerkreis besteht zu 71 % aus sportbegeisterten Männern im Alter von 18 bis 40 Jahren. Sie schätzen an Oddset vor allem die Spannung, den Verwaltungsgericht Aachen, 3 L 17/04 10.12.2004 Nervenkitzel und die Möglichkeit, das eigene Sportwissen zu Bargeld zu machen" und

"neben Wetten auch den Volkssport Nr. 1 - nationale und internationale Fußballspiele - sind weitere attraktive Sportarten geplant: So werden Wetten auf Events aus dem Boxsport, Tennis, der Formel 1 oder Eishockey möglich. Gleichzeitig werden ganz neue Spielarten das Spielangebot bereichern. Oddset wird mittelfristig die Highlights des Sportgeschehens umfassen und mit einer Fülle an spannenden Spielmöglichkeiten Wetten nach jedem Geschmack möglich machen", verdeutlichen die angestrebte und bereits eingetretene Ausbreitung der Sportwetten durch die öffentlich-rechtlichen Lotterien.

Nach Angaben der Westdeutschen Lotterie im Internet - westlotto.de - gibt es in Nordrhein-Westfalen 4100 Annahmestellen, in denen Sportwetten angeboten werden. Nach dem Urteil des Amtsgerichts Heidenheim vom 19. August 2004 - 3 Ds 42 Js 5187/03, AK 424/03 - wurden in Baden-Württemberg in den Jahren 1999 mehr als 31 Millionen Euro, im Jahr 2000 mehr als 68 Millionen Euro, im Jahr 2001 mehr als 70 Millionen Euro, im Jahr 2002 mehr als 72 Millionen Euro und im Jahr 2003 mehr als 62 Millionen Euro Spielsätze für die Oddset-Kombi-Wette getätigt. Eine ähnliche Entwicklung dürfte auch für Nordrhein-Westfalen zutreffen. Im Übrigen sind Sportwettenannahmen über Telefon, SMS und Internet immer mehr verbreitet. Eine Annahmestelle braucht daher nicht mehr aufgesucht zu werden, so dass sich die Gelegenheiten zum Spielen nicht etwa vermindert, sondern im Gegenteil erhöhen werden.

Gemessen an dieser rechtstatsächlichen Entwicklung des von staatlicher Einflussnahme dominierten Geschehens auf dem Sportwettenmarkt ist es durchaus diskussionswürdig und im Verfahren auf Erlaubniserteilung auch als entscheidungserheblich zu prüfen, ob das Schutzbedürfnis der Verbraucher und das öffentlichen Interesse an einer gemeinverträglichen Durchführung von Sportwetten - nach wie vor - ein strikt geregeltes "Staatsmonopol" zu rechtfertigen vermag, vgl. § 1 des Sportwettengesetzes NRW und nunmehr § 5 Abs. 1 LoStV: "Die Länder haben (...) die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen." Sie können diese Aufgabe nach Abs. 2 der Vorschrift "... selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen," oder ob diesen Belangen nicht durch einen schonenderen Eingriff in die Grundrechte der privaten Veranstalter, etwa durch einen an die Verpflichtung zur Gewinnausschüttung gekoppelten Genehmigungsvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, hinreichend entsprochen wird, vgl. in diesem Zusammenhang: Hess. VGH, Beschluss vom 9. Februar 2004 - 11 TG 3060/03 -; im Änderungsbeschluss vom 27. Oktober 2004, - 11 TG 2096 -, Juris, waren Erwägungen zum Erlaubnisverfahren für den Senat nicht mehr entscheidungserheblich.

Ist demnach die Frage als offen und klärungsbedürftig anzusehen, ob der Antragsteller eine Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von privaten Oddset- Sportwetten ungeachtet des fortbestehenden staatlichen Veranstaltungs- und Vermittlungsmonopols zu erteilen ist, gebietet es nach Auffassung der Kammer das Gebot des effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG, ihm durch einen Aufschub der Vollziehung, die Gelegenheit zu gewähren, seine Interessen durch Stellung eines Erlaubnisantrags wahrzunehmen. Ohne diesen Vollziehungssaufschub sind nach gegenwärtigem Sachstand gravierende Nachteile für den Antragsteller zu erwarten. Seine Befürchtung, durch eine sofortige Durchsetzung der Untersagungsverfügung in kurzer Zeit vom Sportwettenmarkt verdrängt zu werden, erscheint plausibel. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass eine formell illegale Gewerbetätigkeit in aller Regel keinen Schutz, auch keinen "Vollstreckungsschutz" verdient. Denn im Normalfall hat es der Gewerbetreibende selbst in der Hand, vor Aufnahme seiner Tätigkeit das erforderliche Erlaubnisverfahrens durchzuführen. Stellt der Fachgesetzgeber aber - wie hier - nach wie vor kein Genehmigungsverfahren für Private zur Verfügung (§ 6 LoStV betrifft lediglich Lotterien, nicht aber Glücksspiele insgesamt, vgl. § 5 Abs. 4 LoStV) und wird auf der Ebene des Verfassungsrechts mit guten Gründen über einen Anspruch auf Genehmigung für private Sportwettenvermittler aus Art. 12 GG gestritten, liegen die Dinge anders.

Das heißt allerdings nicht, dass der Antragsgegner der zu Recht beanstandeten Tätigkeit des Antragstellers auf Dauer oder auch nur bis zum Abschluss des Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens tatenlos zusehen müsste. Denn nach einer gewissen Zeitspanne, in der sich der Antragsteller auf das Erfordernis der Einholung einer Erlaubnis durch Stellung eines entsprechenden Antrags einstellen kann, wird das schon jetzt bedeutende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers wieder das ausschlaggebende Gewicht gewinnen, weil dann gegen die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass die Aufnahme einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit ohne Erlaubnis ordnungsbehördlich nicht hingenommen werden muss, keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr bestehen.

Ist die hier getroffene Interessenabwägung demnach möglicherweise schon in naher Zukunft anders vorzunehmen, hat die Kammer Veranlassung, den Antragsgegner abschließend darauf hinzuweisen, dass er in prozessualer Hinsicht jederzeit einen Antrag auf Abänderung der vorliegenden Eilentscheidung stellen kann, vgl. § 80 Abs. 7 VwGO.

Aufgrund der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die angefochtene Untersagungsverfügung liegen derzeit die allgemeinen Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), vgl. §§ 55 und 60 VwVG NRW, nicht vor, so dass die aufschiebende Wirkung des

Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung anzuordnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der festgesetzte Streitwert entspricht der Bedeutung der Sache für den Antragsteller.

(Unterschriften)